Zwei wie Pech und Schwefel: Frau Bieringer und ihr Wamsler-Herd

Seit Christine Bieringer das erste Mal den Herd im denkmalgeschützten Herrenhaus eingeschürt hat, sind über 30 Jahre vergangen. Am 1. September 1982 hat sie ihre Arbeitsstelle in der Ortsmitte von Aying angetreten, als Köchin und Hauswirtschafterin im Familienbetrieb Inselkammer. Ihr Arbeitsplatz, die Küche im Herrenhaus, war damals das Privathaus der Familie und gleichzeitig Dreh- und Angelpunkt des Betriebs. Denn das Herrenhaus stand genau in der Mitte zwischen dem familieneigenen Brauereigasthof Aying samt Restaurant, der Landwirtschaft und der Brauerei. Frau Bieringer war nicht nur für das leibliche Wohl der Familienmitglieder zuständig, sondern auch für die rund 40 Mitarbeiter der Brauerei und der Landwirtschaft. »Für 50 Leut‘ Salat putzen, da bist‘ beschäftigt«, sagt Christine Bieringer und lacht.

Christine Bieringer an ihrem Wamsler-Herd

Um den holzgeschürten Herd, um den sich das Arbeitsleben von Christine Bieringer drehte, hat sich seitdem viel geändert: Die Brauerei Aying wurde am Ortseingang neu gebaut und gilt als eine der fortschrittlichsten Europas; mit den Sudkesseln sind auch die Angestellten umgezogen. Als 2005 das letzte Familienmitglied, das im Herrenhaus lebte, starb, entschieden sich die Inselkammers dazu, ihr Familienhaus von nun an für ihre Gäste zu öffnen. Zwei Jahre wurde das Haus restauriert und dabei versucht all das, was es so besonders macht, zu erhalten: Die Kachelöfen, die Dielenböden, die Türen und – natürlich – den Wamsler-Schürofen. Der wird jetzt jedoch nur noch ab und an von Frau Bieringer bedient; mit knapp 80 ist sie mittlerweile schon lange in Rente. Aber anlässlich des Kirta, der Kirchweih, bäckt sie wie eine junge ihre Kirtanudeln. »Wenn man eine g’scheite Hausfrau sein will, muss man das können«, sagt sie energisch.

Frau Bieringers Tölzer Prügel

Und auch wenn die Kirtanudeln schon eine geschmackliche Sensation sind: Ein Gericht gibt es, das zur Frau Bieringer gehört wie der Eiffelturm zu Paris: Ihre »Tölzer Prügel«, ein längliches Gebäck, das ebenfalls in Butterschmalz herausgebacken wird – innen weich und fluffig, außen schön knusprig. Das Rezept für ihr Markenzeichen musste sie sich jedoch hart erkämpfen: »Meine Vorgesetzte wollte mir partout das Rezept nicht verraten und wenn sie die Schmalznudeln gemacht hat, hätte ich eigentlich nicht in der Küche bleiben dürfen. Aber ich habe immer so getan, als hätte ich noch Arbeit und habe heimlich zugeschaut«, verrät sie augenzwinkernd. Wenn sie könnte, sagt Christine Bieringer, würde sie gerne noch viel öfter im Herrenhaus kochen, aber das Alter spürt sie eben doch. »Meine Schmalzgebäcke mache ich aber so lange es irgendwie geht.« Und jeder, der Frau Bieringer kennt, weiß, dass sie dieses Versprechen niemals brechen wird.